• Laufen

    Auch wenn es nicht läuft.

Die Sache mit dem Laufen

Ich meine jetzt nicht Wandern. Das geht gut. Auch mit Gepäck. Viele Kilometer und auf anspruchsvollen Touren. Das ist neben Radeln eine meiner Lieblingsbeschäftigungen.
Ich meine hier das Joggen oder Trailrunning. Das läuft gar nicht.

Ausgangssituation: Dezember und wenig Zeit. Der Winter steht vor der Tür und um fit zu werden bzw. den Level über den Winter wenigstens zu halten, fange ich das Joggen an. Nach 2 km breche ich fast zusammen. Es ist einfach nicht meins. Für einen guten Läufer bin ich auf jeden Fall einige kg zu schwer und irgendwie fühle ich es nicht.

Ich jammere auf Instagram in diversen posts rum und allgemeines Feedback ist „dranbleiben“. Wird schon… Mein Gamechanger ist eine Uhr von GARMIN bzw. die Software, welche darüber mit Daten gefüttert wird. Irgendwie werde ich getriggert. Da Laufen in Sachen Zeit- und Ausrüstungsbedarf eine niederschwellige Sportart ist, gibt es unfassbar viele Trainingspläne, Daten und Tipps. Ich befasse mich mit Pace, HFV, VO2max, Body Battery und so nerdigem Zeug.
Somit stelle im Januar fest: Meine Laufdaten sind nicht nur gefühlt eine Katastrophe. Ich bin auch real richtig schlecht. Obwohl die allgemeinen Fitnesswerte gut sind.
Es wird nie meine wirkliche Leidenschaft werden, aber so das ich 1x in der Woche eine unbeschwerte 5 km Trailrunning Runde drehen kann, hätte ich schon gerne.

Nach Grippe bei der eh schon kurzen Vorbereitungszeit. Hab’s dann doch nicht verkauft…

Hermann. Die Legende. Ich hänge mich an ihn.

Finde, das schaut recht engagiert aus.

Schnell ist beschlossen: 3 Monate später ist in Freiburg ein Marathon. Es gibt auch die halbe Strecke. Also: Ticket ergattert, in der Software das Event eingetragen. Halber Marathon mit Zielzeit 2h. Entsprechenden Trainingsplan eingerichtet und los gehts.
Da ist dann tatsächlich zügig ein Trainingsfortschritt messbar.
Nach dem ersten Monat: Leistungseinbruch. Grippe. 3 Wochen Pause. Das ist gaaaanz ungünstig. Dafür ist ein Zeitraum von drei Monaten für eine 1/2 Marathon Vorbereitung, für einen blutigen Laufanfänger zu knapp. Nach der Grippe passe ich die Zielzeit auf 2:15 h an. Es gibt noch einen Chance. Ich mache meinen ersten „long run“ mit 15 km. Wieder fast Zusammenbruch. Aber durch Ausprobieren und Werte checken merke ich: Mein Energiebedarf ist im Vergleich zu den Standardangaben für Läufer einfach viel höher. Ich brauche eher mehr Flüssigkeit und vor allem viel mehr Energie. Das liegt eigentlich auf der Hand. Wenn so ein sehniger, schmaler Marathonläufer über die Trails schwebt, hat der ja viel weniger Gewicht an Fett und Muskulatur als so ein kräftiger Outdoor-Typ zu transportieren.
Folglich erhöhe ich die Anzahl der Gels und Riegel während dem Lauf und die zweite längere Trainingrunde, geht dann so einigermaßen.

Vier Wochen vor dem Event: wieder krank. Eine Woche Erkältung. Ich bin maximal angepisst und stelle mein Ticket zum Verkauf in’s Netz. Ein Läuferin aus Freiburg möchte es. Ich nehme die Anzeige raus. Drei Tage später per E-Mail: „Sorry, nehme das Ticket doch nicht…“. Ich werte das als Zeichen und steige wieder in das Training ein. Wieder passe ich die Zielzeit an: 2:30 h. Für echte Läufer lahm. Für mich bedeutet das aber trotzdem: 21 km durchgängig rennen, sonst wird das nichts.
Ich mache alle zwei Tage 3-5 km und dazwischen einen 17 km Lauf. Lasse so Zeug wie Intervalle weg. Das dient schwerpunktmäßig der Steigerung der Geschwindigkeit. Da habe ich mich von verabschiedet. Ziel ist durchkommen. Gut. 2:30 h muss sein. Sonst nervt es.

Während dem Training gelernt: Ich brauche richtig viel von dem Zeug.

Ok. Offensichtlich ganz schön selbst gefeiert.

Meine Leidenschaft bleibt: Langsam. Mit Gepäck. In der Wildnis laufen.

Und dann? Freiburg 1/2 Marathon. Zwischen tausenden anderen hänge ich mich an Hermann. Ein Pacer (Pacer haben ein Flagge mit Zielzeit am Rücken – da rennst du dann einfach hinterher und musst nicht ständig die Uhr im Blick haben). Es funktioniert. Auf halber Strecke merke ich, dass mein Puls noch Spielraum nach oben hätte. Die Verlockung ist hoch, schneller zu laufen. Ich lasse es aber bleiben. Zu groß ist die Angst vor dem Zusammenbruch (gegen Ende liegen oder sitzen da auch einige an der Strecke…). Ich bleibe einfach bei Hermann. Und Feier ihn und mich selbst. Teilweise mit Gänsehaut renne ich durch die Innenstadt. Gegen Ende verlasse ich Hermann. Ich renne einfach davon. Kurz vor der Ziellinie zum ersten mal in meinem ganzen Leben mit leichtfüßigen Beinen, die wirbeln. Nach 2:28 h ist endlich die Ziellinie erreicht.

Die Trainingssoftware meint: 2:12 wäre möglich. Somit ist mit Training 2:00 für mich nicht unerreichbar. Ob ich das angehe? Nein. Auf keinen Fall. Die Menschenmassen beim Marathon sind weit außerhalb meiner individuellen Wohlfühlzone, auch wenn das teilweise natürlich „kickt“. So lange Distanzen sind glaube ich auf Dauer auch nichts für den Köper. Zumindest nicht für meinen.
Aber: der wöchentlichen 5 km Runde durch den Wald steht nun nichts mehr im Wege. Und der Lerneffekt bei einer strukturierten Vorbereitung auf ein Event wie Marathon ist extrem viel Wert und sicher sinnvoll. Ich kann das somit nur empfehlen.

Viel Spaß. Wir sehen uns draußen.
Mich aber eher auf dem Rad oder bei Trekkingtouren …