Wildnis für Einsteiger – Glaskogen Skandinavien

Oder: einfach mal ruhig machen…

Ein heftiger Wind weht uns um die Ohren und das Gesicht ist rot vor Anstrengung. Soll das die schon so lange herbeigesehnte Auszeit vom Arbeits- und Alltagsleben sein? Ja! Und was für eine schöne… denn wir können jederzeit unser Kanu an einer der knorrigen und vom Wind zerzausten Bäume am Ufer festmachen und die mobile Stoffbehausung an einem der unzähligen mit weichen Flechten bedeckten Plätzen aufstellen.

Friluftsliv…!

Schon seit Tagen erkunden wir das Naturreservat Glaskogen mit dem Kanu und per pedes. Jetzt, Ende September, sind wir hier in der grandiosen skandinavischen Landschaft nahezu alleine unterwegs. Die Touristensaison ist vorbei und die der Erzählungen nach zu Hauf auftauchenden Abenteuer-Natur-Geführte-Tour-Menschen sind wieder zu Hause. Kommt uns zu Gute, denn es gibt deshalb viele ungenutzte Windschutzhütten mit zumeist in rauen Mengen fertig gehacktem Feuerholz. Mitten im Naturschutzgebiet am Campingplatz in Lenungshammar mieten wir ein Kanu und planen „keinen Plan zu haben“.

Einfach raus: zelten, wandern, paddeln, reden, ausruhen, lesen, ins Feuer schauen, dem Wind zuhören, Regengeplätscher lauschen, die Sonne auf der Haut spüren, den morgendlichen Raureif bewundern, Sterne zählen, rudern bis die Arme schmerzen, schlafen bis man einfach aufwacht usw.… Die Schweden nennen dies „Friluftsliv“-wie schön das klingt! Die schönste Ecke im Naturpark ist aus unserer Sicht der 34 km² große Stora Gla. Viele Buchten, einige kleine Hügel in der Umgebung und naturbelassene Wälder bieten beste Rahmenbedingungen für Friluftsliv. Das Kanu beladen wir mit Nahrungsmitteln und Ausrüstung für 10 Tage unabhängiges Leben draußen und stechen in See. Einige Kilometer später sehen wir am Ufer in idyllischer Lage Schutzhütte Nr. 7 und landen an. Sogleich ist uns klar, so ein super Platz sollte nicht ungenutzt bleiben, und einige Minuten später züngeln die Flammen unter dem Wasserkessel um einen ersten Tee hier in der Natur zu kochen.

Outdoorfood…

Die Schutzhütten im Gebiet sind alle nach demselben Prinzip errichtet. Gedrungen fügen sich die Unterstände in die Landschaft, bieten mit Holzboden und einer Feuerstelle inklusive Schwenkgrill und Bänken eine Basisausstattung, die das Leben draußen in der Natur angenehm machen. Zwei große wasserdichte Packsäcke beherbergen Leckereien, die eine ausgewogene und abwechslungsreiche Verpflegung auf Tour gewährleisten. Im Gegensatz zu Wandertouren, bei denen man auf jedes Gramm achten muss, spielt es im Kanu keine so große Rolle, ob dort einige Kilos mehr transportiert werden. Somit befinden sich neben Steaks, Würsten und Brot auch Salat, Zucchini, Äpfel, Schokolade, Mehl usw. im Gepäck. Auch ein Sack Kartoffeln und Zwiebeln zählen zum Essensgut. Ja, sogar ein Glas Nutella versüßt das Frühstücksbuffet.

Das Wetter meint es gut mit uns und bietet ein stabiles Hoch mit spätherbstlichen Tagen im unteren zweistelligen Temperaturbereich und klaren Nächten um die 0 Grad. Der leichte Nachtfrost hat auch die gefürchtetsten wilden Tiere in dieser Region umgebracht: die Stechmücken -noch ein Bonuspunkt für Touren um diese Jahreszeit in Schweden. Der Frost hilft allerdings nicht gegen Mäuse, die sich Winterspeck anfressen müssen.

Wir erleiden deshalb in einigen Nächten ungewollte Schlafunterbrechungen, damit wir unsere Nahrungsmittel oder auch einfach nur den warmen Schlafsack verteidigen können. Die neugierigen Nager erkunden nämlich einfach alles, egal ob Schlafsack oder bis dahin wasserdichte Transportsäcke. Während unserer Tour erwandern wir das Gebiet auch häufig zu Fuß und machen Abstecher in die Wälder und Hügel rund um den See. Fast überall winden sich kleine Pfade und Wildwechsel zwischen die in bunte Farben getauchte dichte herbstliche Vegetation.

Nach über einer Woche mit wenig Wind und dementsprechend niedrigem Wellengang bekommen wir dann doch noch die verdiente Packung Abenteuer. Den ein Meter hohen Wellen zum Trotz müssen wir aus Zeitgründen wieder in Richtung Auto paddeln. Dicht am Ufer entlang kämpfen wir uns Meter für Meter bei starkem Gegenwind voran und haben alle Hand zu tun um nicht zu kentern. Die geliehenen Kanus bewähren sich: sie sind zwar lahm aber extrem kipp-stabil. Einiges an Wasser schwappt trotzdem in das Boot, und wir sind froh um unsere Gummistiefel und wasserdichten Packsäcke. Ein schöner letzter Lagerplatz beschert uns nochmal das Friluftsliv-Feeling, und wir freuen uns jetzt schon auf kommende Touren.

Unser Fazit zur Tour:

Wir waren auf der Suche nach einer für das Kanu geeigneten Region, die auch von Deutschland aus relativ gut erreichbar ist und für den Notfall eine Mobilfunkabdeckung bietet, da Steffi im 5. Monat schwanger war. Somit wäre im Notfall eine medizinische Versorgung gewährleistet gewesen. Wer ähnliche Anforderungen für eine Tourenregion hat oder am Beginn der Outdoorleidenschaft steht, der ist im Naturreservat Glaskogen gut aufgehoben.
Nachpaddeln empfohlen!

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